Vertriebene und Spätaussiedler haben aufgrund ihrer besonderen historischen Situation spezielle Rechte bei der deutschen Rentenversicherung. Das Bundesvertriebenengesetz (BVFG) und das Fremdrentengesetz (FRG) schaffen wichtige Ausnahmeregeln, die oft zu höheren Renten führen können.
Rechtliche Grundlagen
Wer gilt als Vertriebener oder Spätaussiedler?
Vertriebene (nach § 1 BVFG):
- Deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige
- Vor dem 1. Januar 1993 in die Bundesrepublik gekommen
- Haben die früheren deutschen Ostgebiete oder andere Vertreibungsgebiete verlassen
- Aufgrund von Kriegsfolgen oder Vertreibung
Spätaussiedler (nach § 4 BVFG):
- Deutsche Volkszugehörige aus den Nachfolgestaaten der UdSSR, Polen, ČSSR, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien oder China
- Nach dem 31. Dezember 1992 in die Bundesrepublik eingereist
- Haben einen Aufnahmebescheid nach § 15 BVFG
Besondere Regelungen im Rentenrecht
Das Fremdrentengesetz (FRG) regelt die rentenrechtliche Behandlung von Zeiten im Ausland für diese Personengruppen. Dabei gelten besondere Vorteile:
- Beitragszeiten im Herkunftsgebiet werden wie deutsche Beitragszeiten behandelt
- Höhere Bewertung durch deutsche Entgeltpunkte
- Anrechnungszeiten für Verfolgung und Haft
- Vereinfachte Nachweisführung bei verlorenen Dokumenten
Ihre besonderen Vorteile
1. Bewertung ausländischer Beitragszeiten
Anders als bei anderen Personengruppen werden Ihre Beitragszeiten aus dem Herkunftsgebiet nicht nach ausländischem Recht, sondern nach deutschen Maßstäben bewertet:
- Deutsche Entgeltpunkte statt ausländischer Bewertung
- Beitragsbemessungsgrenze wie in Deutschland
- Aufwertung durch deutsche Lohnentwicklung
- Höhere Renten als nach Sozialversicherungsabkommen
2. Anrechnungszeiten für Verfolgung
Zeiten politischer Verfolgung, Haft oder Zwangsarbeit können als rentenrechtliche Zeiten angerechnet werden:
- Politische Haft: Vollwertige Anrechnungszeiten
- Zwangsarbeit: Je nach Umständen als Beitrags- oder Anrechnungszeiten
- Verfolgungszeiten: Zeiten der Diskriminierung aufgrund deutscher Volkszugehörigkeit
- Flucht und Aussiedlung: Unterbrechungszeiten werden überbrückt
3. Erleichterte Nachweisführung
Bei verlorenen oder unzugänglichen Dokumenten gelten erleichterte Regelungen:
- Glaubhaftmachung statt vollständiger Nachweise
- Zeugenaussagen werden stärker berücksichtigt
- Schätzungen bei unvollständigen Unterlagen
- Amtsermittlung durch die Rentenversicherung
Länder und Gebiete
Klassische Vertreibungsgebiete:
- Ehemalige deutsche Ostgebiete: Schlesien, Ostpreußen, Pommern, Ostbrandenburg
- Sudetenland: Tschechoslowakei
- Donauschwaben: Ungarn, Rumänien, Jugoslawien
- Baltikum: Estland, Lettland, Litauen
Aussiedlungsgebiete für Spätaussiedler:
- Sowjetunion/Russland: Besonders Wolga-Deutsche, Schwarzmeer-Deutsche
- Polen: Oberschlesien, andere Gebiete
- Rumänien: Siebenbürgen, Banat
- Kasachstan: Nach Stalin'scher Deportation
- Andere Nachfolgestaaten: Ukraine, Kirgisistan, etc.
Berechnung der Rente
Bewertung der ausländischen Zeiten
Die Bewertung erfolgt nach einem speziellen Verfahren:
- Ermittlung des ausländischen Einkommens in der Währung des Herkunftslandes
- Umrechnung in Deutsche Mark zum historischen Kurs
- Bewertung nach deutschen Entgelttabellen des jeweiligen Jahres
- Berechnung der Entgeltpunkte wie bei deutschen Versicherten
- Aufwertung durch deutsche Lohnentwicklung bis heute
Beispielrechnung für einen Spätaussiedler aus Kasachstan:
Ausgangssituation:
- 30 Jahre Arbeit in Kasachstan (1970-2000)
- Durchschnittliches Einkommen vor Ort
- Aussiedlung nach Deutschland 2001
- 10 Jahre Arbeit in Deutschland (2001-2011)
Rentenberechnung:
- Kasachstan-Zeiten nach FRG: ca. 20 Entgeltpunkte
- Deutschland-Zeiten: ca. 10 Entgeltpunkte
- Gesamtentgeltpunkte: 30
- Monatsrente: ca. 1.050 Euro
Ohne FRG-Anwendung: Nur ca. 350 Euro Rente!
Benötigte Dokumente
Grundlegende Nachweise:
- Aufnahmebescheid nach § 15 BVFG (Spätaussiedler)
- Vertriebenenausweis (Vertriebene)
- Geburtsurkunde und andere Personenstandsurkunden
- Staatsangehörigkeitsnachweis oder Volkszugehörigkeitsnachweis
Arbeits- und Einkommensnachweise:
- Arbeitsbücher aus dem Herkunftsland
- Lohnabrechnungen oder Einkommensbescheinigungen
- Versicherungsverläufe der ausländischen Rentenversicherung
- Arbeitgeberbescheinigungen
- Studien- und Ausbildungsnachweise
Besondere Nachweise:
- Verfolgungsnachweise: Hafturteile, Rehabilitierungsbescheide
- Zeugenaussagen: Bei fehlenden Dokumenten
- Historische Belege: Ortsangaben, Arbeitgeber
Häufige Probleme und Lösungen
Problem 1: Verlorene oder vernichtete Dokumente
Situation: Viele Dokumente sind durch Krieg, Flucht oder politische Umbrüche verloren gegangen.
Lösungsansätze:
- Archivrecherche in den Herkunftsländern
- Ersatzurkunden von deutschen Behörden
- Zeugenvernehmungen von Familienangehörigen oder Bekannten
- Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherungen
Problem 2: Komplexe Erwerbsbiografien
Situation: Wechsel zwischen verschiedenen Ländern, Unterbrechungen durch Verfolgung.
Lösungsansätze:
- Chronologische Rekonstruktion der gesamten Biografie
- Kombination verschiedener Rechtswege (FRG, EU-Koordinierung, bilaterale Abkommen)
- Günstigkeitsprüfung zwischen verschiedenen Berechnungsarten
Problem 3: Unvollständige Bearbeitung durch die DRV
Situation: Die besonderen Regelungen für Vertriebene/Spätaussiedler werden nicht angewandt.
Lösungsansätze:
- Ausdrücklicher Hinweis auf den Status als Vertriebener/Spätaussiedler
- Beantragung der FRG-Bewertung
- Widerspruch bei falscher Anwendung anderer Regelungen
Verfahrensablauf und Fristen
Optimaler Zeitplan:
- 3 Jahre vor Rentenbeginn: Dokumentensammlung und -beschaffung
- 2 Jahre vor Rentenbeginn: Kontenklärung bei der DRV
- 1 Jahr vor Rentenbeginn: Vollständige Antragstellung
- 6 Monate vor Rentenbeginn: Nachforderungen bearbeiten
Wichtige Fristen:
- Rentenantrag: Rechtzeitig vor gewünschtem Rentenbeginn
- Kontenklärung: Bis zum 43. Lebensjahr kostenfrei
- Widerspruch: Ein Monat nach Bescheidzugang
Strategische Hinweise
1. Prüfung aller Bewertungsarten
Lassen Sie prüfen, welche Bewertung für Sie günstiger ist:
- FRG-Bewertung (meist vorteilhaft)
- EU-Koordinierung (bei EU-Ländern)
- Bilaterale Abkommen
- Kombinationen verschiedener Regelungen
2. Verfolgungszeiten geltend machen
Nutzen Sie alle Möglichkeiten der Anrechnung von Verfolgungszeiten:
- Politische Haft und Zwangsarbeit
- Zeiten der Diskriminierung
- Flucht- und Aussiedlungszeiten
- Rehabilitierungsverfahren
3. Familienangehörige einbeziehen
Oft haben auch Familienangehörige Ansprüche:
- Witwen-/Witwerrenten
- Waisenrenten
- Eigene Ansprüche von Ehegatten
- Erziehungszeiten
Unser spezieller Service für Vertriebene und Spätaussiedler
Shimmer Boost verfügt über besondere Expertise bei Fällen von Vertriebenen und Spätaussiedlern:
- Spezialisierung auf FRG-Recht mit über 15 Jahren Erfahrung
- Kontakte zu Archiven in den Herkunftsländern
- Netzwerk von Übersetzern für alle relevanten Sprachen
- Erfahrung mit Verfolgungszeiten und deren Nachweis
- Erfolgreiche Widerspruchsverfahren bei falscher DRV-Bewertung
Besondere Leistungen:
- Kostenfreie Erstberatung zur Einschätzung Ihres Falls
- Dokumentenbeschaffung über unsere internationalen Kontakte
- Historische Recherche für fehlende Nachweise
- Zeugenvernehmungen und eidesstattliche Versicherungen
- Komplettbetreuung bis zur erfolgreichen Rentenbewilligung
Erfolgsstatistik: In über 90% der Fälle können wir für Vertriebene und Spätaussiedler eine deutliche Verbesserung der Rente erreichen. Durchschnittliche Steigerung: 200-400 Euro monatlich.